Ist der Euro eine stabile Währung; jedenfalls sicher genug, um sein Vermögen in der Gemeinschaftswährung anzulegen? Diese Frage stellten sich Anleger nicht nur beim Aufkommen der sogenannten Eurokrise.
Selbst gegenwärtig warnen einige Auguren vor dem Zusammenbruch der Währung im Jahr 2020 und empfehlen, Erspartes durch eine Kapitalanlage in Fremdwährung oder in Edelmetalle vor dem prognostizierten Euro-Crash in Sicherheit zu bringen.
Wer sein Heil in einer fremden Währung sucht – unseres Erachtens unnötig –, der muss sich natürlich über das Währungsrisiko im Klaren sein.
Außerdem ist es empfehlenswert, sich über die „Qualität“ des fremden Geldes ein Urteil zu bilden. Eine Kapitalanlage in „weiche Währungen“ erhöhen die Verlustrisiken.
Einfach nur dem Rat von „Fachleuten“ zu folgen und in eine Währung zu investieren, die gerade als „stark“ angesehen wird, führt zu demselben Ergebnis. Währungsspekulationen gehören in die höchste Risikoklasse.
Wann also ist eine Währung stabil und sicher, wann ist sie stark? Hier sind einige Kriterien, die bei der Beantwortung dieser Fragen helfen können.
Stabile Währung: die wichtigsten Kriterien
Währungsstabilität und wirtschaftliche, finanzielle sowie monetäre Stabilität in einem bestimmten Währungsraum bedingen einander.
Es gibt keine stabile Währung ohne eine stabile und strukturell gesunde Volkswirtschaft. Ist die Volkswirtschaft eines Landes krisenanfällig, gilt dies ebenso für die Währung.
Voraussetzung für eine stabile Währung ist ein funktionierendes Finanzsystem. Regierung, Zentralbank und politische Institutionen müssen sich währungspolitischen Maßnahmen verpflichtet fühlen.
Eine effektive Geldpolitik hat beispielsweise Preisstabilität, das Herstellen eines außenwirtschaftlichen Gleichgewichts und die Stärkung der inländischen Kaufkraft oder die Ankurbelung der Wirtschaft zum Ziel. Übermäßig hohe Haushaltsdefizite werden vermieden.
Bisweilen können Zielkonflikte entstehen. Oder die getroffenen Maßnahmen können im Einzelfall dass damit angestrebte Ziel vorübergehend ganz oder teilweise verfehlen.
Für die Beurteilung, ob eine Währung als stabil bezeichnet werden kann oder nicht, sind solche Einzelerscheinungen weniger entscheidend.
Zum Beispiel müssen zeitweise Abwertungsmaßnahmen nicht auf eine instabile Währung hindeuten. Sie können der Wiedererlangung von wirtschaftlichem Wachstum dienen und damit die Währung eines Landes stabilisieren.
Ein Beispiel sind die Abwertungsmaßnahmen Kanadas in den frühen 1990er Jahren.
Eher kommt es darauf an, dass sowohl das Finanzsystem als auch die Volkswirtschaft das Potenzial haben, eine stabile Währung zu gewährleisten oder nach einer Krise wiederherzustellen.
Und natürlich müssen die verantwortlichen Akteure dieses Potenzial auch nutzen, um die Währung stabil zu halten.
So gilt der US-Dollar als stabile Währung, allein schon wegen der starken Volkswirtschaft. Außerdem ist die Geldpolitik der unabhängigen FED währungspolitisch verantwortlich. Haushaltsdefizite und Defizite in der Handelsbilanz fallen dagegen weniger ins Gewicht.
Hingegen droht dem englischen Pfund keine glorreiche Zukunft. Der Austritt aus der EU wird nicht gerade zur Stabilisierung der Volkswirtschaft beitragen.
Instabil sind auch die Währungen einiger afrikanischer oder südamerikanischer Länder. Die politische und wirtschaftliche Krise Venezuelas führt zu Inflationsraten bis zu 800 %. Eine Besserung der Lage ist nicht abzusehen.
In Ägypten war die Inflationsrate in den letzten zehn Jahren bis auf 2012 (8,65 %) und 2013 (-6,91 %) immer zweistellig. Im Jahr 2017 verzeichnete das ägyptische Pfund bisher eine Inflationsrate von über 23 %.
Der Grund für den Preisauftrieb liegt in einem Reformstau der Wirtschaft, der aber schrittweise aufgelöst werden soll. Dennoch gehört Ägypten gegenwärtig sicherlich noch zu den Ländern mit einer instabilen Währung.
Ein besonders drastisches Beispiel für die Instabilität der Währung ist Simbabwe Die Währung ist dort praktisch nach permanenter Inflation zusammengebrochen. Mit SchuldscheinenSchuldscheinen auf den US-Dollar wurde eine Parallelwährung geschaffen, die wiederum der Inflation unterliegt.
Viele hoffen nach Ablösung von Mugabe auf eine Besserung der Situation.
Starke Währung – harte Währung
Ob eine Währung stabil ist, hängt von ihrem inneren Wert ab. Der innere Wert wird geprägt von den Verhältnissen innerhalb eines bestimmten Währungsraums: stabile strukturell gesunde Wirtschaft und effektives Finanzsystem.
Die Stärke einer Währung ergibt sich aus ihrem Verhältnis zu anderen Währungen. Eine Währung ist stark, wenn sie gegenüber anderen Währungen teuer ist.
Stabile Währungen sind in der Regel auch starke Währungen. Das muss aber keinesfalls immer und zu jeder Zeit gelten.
Währungspolitische Maßnahmen beispielsweise können zu einer Abwertung einer an sich stabilen Währung führen. Dann wirkt die Währung gegenüber Konkurrenzwährungen jedenfalls zeitweise schwach.
Umgekehrt ist es möglich, dass beispielsweise durch Währungsspekulationen oder politische Einflüsse die Wechselkurse verändern. Eine an sich instabile Währung kann dadurch überbewertet werden und jedenfalls zeitweise zu einer starken Währung werden.
Starke Währungen werden auch als Hartwährung oder harte Währung bezeichnet. Echte harte Währungen sind im Verhältnis zu anderen Währungen dauerhaft stabil oder steigen stetig.
Kriterien sind eine dauerhaft geringe Inflation, die Geldwertstabilität als vorrangiges Ziel der Wirtschaftspolitik und Konvertibilität, also die freie Umtauschaktion in anderen Währungen.
Harte Währungen werden von Anlegern bevorzugt. Dadurch erhöht sich die Nachfrage mit positiven Auswirkungen auf den Wechselkurs.
Welches ist die härteste Währung der Welt? Diese Frage ist schwer zu entscheiden. Häufig wird darauf abgestellt, welche Währung historisch gesehen am längsten als starke Währung gelten konnte.
Nach diesem Kriterium liegt sicherlich der Schweizer Franken vorne. Die alte D-Mark hat sich in der Zeit ihres Bestehens auch nicht schlecht geschlagen.
Andere Währungen wie etwa der US-Dollar oder der japanische Yen finden sich bei dieser Betrachtungsweise eher im Mittelfeld wieder.
Zwar ist der US-Dollar Leitwährung und kann auch als sehr stabile Währung angesehen werden. Aber über längere Zeiträume betrachtet, gibt es Phasen der Dollarschwäche.
Regierungen und Zentralbanken sind keineswegs immer über eine starke Währung glücklich. Manchmal setzen sie Mechanismen in Gang, die die eigene Währung schwächen.
In vielen Fällen stimuliert eine gegenüber anderen Währungen schwächere Währung die Wirtschaft eher als eine starke Währung. Eine schwache Währung ist gut für den Export, während eine starke Währung den Import fördern kann.
In Zeiten der Globalisierung und internationaler Handelsverträge kommt dem Export eine besondere Bedeutung zu.
Dem tragen Regierungen und Zentralbanken natürlich Rechnung. Den USA wird zu Recht nachgesagt, dass sie phasenweise für die Unterbewertung des Dollars gesorgt haben.
China ist bekannt für gerissene Abwertungsmaßnahmen um die Wettbewerbsfähigkeit im Außenhandel zu verbessern. Ein Beispiel ist die strikte Anbindung der chinesischen Währung (Renminbi) an den US-Dollar.
Dadurch wird eine artifizielle Abwertung der chinesischen Währung erreicht. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman nennt diese Strategie Beggar thy Neighbor (auf Kosten deines Nachbarn).
Der Euro – eine stabile Währung
Der Euro ist eine stabile und starke Währung. Der Euroraum verfügt über ein gesundes Finanzsystem.
Zwar weisen die einzelnen Volkswirtschaften eine unterschiedliche Stabilität auf, und einige Länder haben strukturelle Probleme. Aber im Großen und Ganzen hat die Volkswirtschaft im Euroraum, in dem ungefähr 350 Millionen Europäer leben, großes Potenzial.
Nicht umsonst hat sich der Euro als zweitwichtigste Reservewährung neben dem Dollar fest etabliert. Ein Grund dafür ist sicherlich der stabile Wechselkurs selbst während der Finanzkrise und der Eurokrise.
Das Fehlen einer gemeinsamen Haushaltspolitik und Wirtschaftspolitik ist sicherlich ein Geburtsfehler und eine Ursache für die Eurokrise.
Die Krise wurde im Wesentlichen durch eine unverantwortliche Haushaltspolitik einiger Mitgliedsstaaten und eine galoppierende private Verschuldung in anderen Ländern verursacht.
Den Euroländern ist es aber gemeinsam gelungen, die Krise in den Griff zu bekommen. Sie schufen Rettungsfonds für in Not geratene Länder (EFSF und ESM).
Später (zwischen 2011 und 2013) wurden Regeln zur Kontrolle von Staatsschulden und Haushaltsdefiziten vereinbart.
Jedes Land muss seinen Haushaltsplan jetzt in Brüssel vorlegen. Verstöße gegen die aufgestellten Regeln werden mit harten Sanktionen geahndet.
Die neuen Regeln haben gegriffen. Die Haushaltsdefizite in den Euroländern haben sich deutlich reduziert auf etwa 2 %. Die Erholung der Wirtschaft geht langsam voran, aber der Prozess ist stabil seit fünf Jahren.
Die Arbeitslosigkeit verringert sich ebenfalls langsam. Vor allem bei der Verringerung der Staatsverschuldung ist die Eurozone gegenüber anderen Währungsräumen wie Japan oder USA vorn.
Der Euro erfüllt damit praktisch alle Merkmale, die eine stabile Währung ausmachen.