Dividendenrenditen zwischen 2 und 4 %, manchmal sogar noch höher – das klingt verlockend für Anleger, nicht nur in Zeiten niedrigster Sparzinsen. Clevere Banken und Broker gehen deshalb mit Sprüchen wie "Dividendenrenditen sind die Zinsen der Zukunft" auf Kundenfang.
Daran allerdings ist wenig Wahres. Dividendenerträge aus Aktien und Zinserträge aus Festgeld, Tagesgeld oder Spareinlagen sind etwas völlig unterschiedliches.
Zinsvereinbarungen werden bei Vertragsschluss getroffen und die Zinshöhe ist in der Regel vorhersehbar. Das eingesetzte Nominalkapital ist immer vor Verlusten sicher.
Mit dem Erwerb von Aktien hingegen werden Unternehmensanteile erworben.
Als Mitunternehmer profitiert der Aktionär von Gewinnen, ist aber auch an Verlusten beteiligt.
Die Dividende wird niemals im Vorhinein garantiert, sondern die Höhe richtet sich immer nach der Ertragslage und nach dem Verwendungsbeschluss der Hauptversammlung.
Wird ein Teil des Kapitals in Aktien gehalten, eine immer sinnvolle Strategie, spielen erwartete Dividenden für die Anlageentscheidung sicherlich eine Rolle – neben einigen anderen Faktoren.
Dividenden sind ein wesentlicher Teil der mit einer Aktienanlage möglichen Rendite.
Aktien mit hohen Dividenden kaufen: Überblick und Tipps
- Dividenden machen etwa 50 % der möglichen Rendite einer breit gestreuten Aktienanlage aus, sofern der ausgeschüttete Betrag sofort reinvestiert wird. Die anderen 50 % entfallen auf Kursgewinne.
- Die Aktienanlage allein von überdurchschnittlich hohen Dividendenerwartungen abhängig zu machen, ist etwas für Spekulanten, die in Befolgung unterschiedlicher Strategien immer hinter Aktien mit den höchsten Dividenden herjagen und deshalb permanent umschichten müssen.
- Langfristige Anlageerfolge bei der Investition in Einzelaktien stellen sich unseres Erachtens nur ein, wenn zunächst nach unterbewerteten Value Aktien Ausschau gehalten wird und dann die Anlageentscheidung für Aktien mit den besten Dividenden fällt.
- Value Aktien sollten nicht nur unter dem Gesichtspunkt der besten Dividende ausgewählt werden. Ebenso wichtig ist eine nach Branchen und Regionen ausgewogene Depotzusammensetzung.
- Für private Anleger sind Fonds oft geeigneter als Einzelaktien. Es gibt passiv gemanagte Indexfonds und aktiv gemanagte Dividendenfonds. Viele davon sind an der Börse handelbar.
- Die Renditen aktiv gemanagte Dividendenfonds werden durch hohe Kosten geschmälert. Ein guter Fondsmanager kann aber durch Stock Picking den Dividendenansatz mit dem Valueprinzip optimal verknüpfen.
- Bei Indexfonds findet ein Stock Picking hingegen nicht statt. Dafür sind die Kosten niedrig. Entscheidend ist die Qualität der Indexzusammensetzung. Sind genügend werthaltige Aktien im Index enthalten, sodass neben hoher Ausschüttungen mit einer befriedigenden Kursentwicklung zu rechnen ist?
- Es gibt unzählige Indices, die dividendenstarke Aktien zusammenfassen. Jeder große Index hat auch seinen "Dividendenindex". Beispiele sind der Div Dax oder der Stoxx Select Divident. Sehr gut geeignet scheint der MSCI High Dividend Yield zu sein, in dem ein breites Spektrum guter Qualitätsaktien zusammengefasst ist, und die Gewichtung nicht allein nach der Dividendenrendite vorgenommen wird.
- Unterschieden wird zwischen ausschüttenden unter revolvierenden Dividendenfonds. Zum Vermögensaufbau sind allein revolvierende Fonds geeignet, die die Dividenden sofort reinvestieren und auf diese Weise einen "Zinseszinseffekt" ermöglichen.
Einige Dividendenfonds ermöglichen Sparpläne. Ob ein Sparplan zugelassen wird, sollte aber für eine Investitionsentscheidung nicht ausschlaggebend sein.
Sparpläne können sich Anleger selbst zurechtlegen, in dem sie größere Beträge ansparen und in bestimmten Intervallen, zum Beispiel halbjährlich oder vierteljährlich, investieren.
Mit Nachkäufen lässt sich ähnlich wie mit Sparplänen ein Cost-Average-Effekt erzielen, d. h. die Anschaffungskosten im Durchschnitt niedrig halten.
Was ist eine Dividende?
Die Definition der Dividende steht in Paragraph 174 Aktiengesetz. Jedenfalls nach deutschem Recht ist die Dividende der "auszuschüttende Betrag".
Auffällig ist die weite Fassung des Begriffs. Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss es sich nicht um einen Gewinnanteil handeln.
Und tatsächlich kommt es vor, dass die Hauptversammlung eines Unternehmens eine Dividende beschließt, deren Höhe durch die Ertragssituation eigentlich nicht gerechtfertigt ist.
Die Regel ist aber, dass 30 – 45 % des Gewinns deutscher Aktiengesellschaften als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet werden.
Dabei handelt es sich um die Ausschüttungsquote. Sie ist bei ausländischen Unternehmen übrigens höher und beträgt im Schnitt 50 %.
Wichtig ist: Die Höhe der Dividende allein erlaubt keine Aussage über die Qualität eines Unternehmens.
Ist ein Unternehmen in der Krise, kann die Dividende verantwortungslos hoch angesetzt werden, um Aktionäre bei guter Laune zu halten.
Anders herum können die besten Unternehmen der Welt auf Dividenden ganz verzichten oder nur einen geringen Ertragsanteil ausschütten.
Sie investieren stattdessen lieber in das Unternehmenswachstum oder die Entwicklung zukunftsträchtiger Produkte.
Ein bekanntes Beispiel war Microsoft. Das Unternehmen, nach der Marktkapitalisierung seinerzeit die größte Aktiengesellschaft der Welt, hat viele Jahre keine Dividende ausgeschüttet.
… und was eine Dividendenrendite?
Die von der Hauptversammlung beschlossene Dividende ist ein fester Betrag, beispielsweise 2,5 € pro Aktie.
Hingegen ist die Dividendenrendite eine relative Messzahl, die in Prozenten vom jeweiligen Aktienkurs ausgedrückt wird.
Die Dividendenrendite erhält man, wenn man die Dividende durch den Aktienkurs dividiert und mit 100 multipliziert, Beispiel: Es werden 2,5 € ausgeschüttet. Der Aktienkurs beträgt gegenwärtig 150 €. Die Dividendenrendite beläuft sich dann auf 1,67 %.
Die Dividendenrendite ist also variabel. Diese ändert sich mit dem täglichen Kurs der Aktie und natürlich auch mit der Höhe der jeweiligen Ausschüttung.
Für die Rendite, die der Anleger erzielen kann, ist der Einstiegskurs entscheidend. Zusammen mit der Höhe der Gewinnausschüttung bestimmt er die Grundlage für die Berechnung der ausschlaggebenden Dividendenrendite.
Wichtig ist: Ebenso wie die Dividendenhöhe sagt eine überdurchschnittliche Dividendenrendite für sich gesehen nichts über die Qualität des Unternehmens und auch nichts über die Höhe der Dividende selbst aus.
Das Gegenteil kann der Fall sein: Ungewöhnlich hohe Dividendenrenditen entstehen nicht selten, weil die Kurse wegen des schlechten Zustands eines Unternehmens im Keller sind.
Woran erkennt man gute Dividendenaktien?
Dividenden und Dividendenrenditen für sich gesehen sind Momentaufnahmen aus der Vergangenheit. Sie sagen nichts darüber, wie sich beide Kennzahlen in der Zukunft entwickeln werden.
Allerdings stellen die Unternehmen selbst und einige Analysten Prognosen über die Höhe beider Werte in der Zukunft zur Verfügung. Die Dividendenrendite zukünftiger Jahre wird jeweils auf der Grundlage des aktuellen Tageskurses geschätzt.
Damit allein ist eine solide Einschätzung natürlich nicht möglich. Deshalb gibt es sehr unterschiedliche Methoden, mit denen versucht wird, von der Entwicklung beider Messzahlen über einen längeren Zeitraum in der Vergangenheit auf die Zukunft zu schließen.
Beispielsweise wird untersucht, wie oft das Unternehmen in den letzten zehn Jahren Gewinnprognosen eingehalten oder übertroffen hat, wie oft während dieser Zeit die Dividenden zu welchen Prozentsätzen erhöht wurden und wie hoch die Ausschüttungsquoten jeweils waren.
Häufig werden Durchschnittsbeträge gebildet. Beispielsweise werden die Dividenden der letzten fünf Jahre addiert, und die Summe dient als Grundlage zur Berechnung einer Durchschnittsdividendenrendite.
Liegt die so ermittelte Kennziffer über dem Durchschnitt aller Aktien eines Indexes oder einer Branche, handelt es sich um eine aussichtsreiche Dividendenaktie.
Eine Dividendenaktie kann aber kein überdurchschnittliches Investment sein, wenn die Kursgewinne nicht stimmen.
Denn die Gesamtrendite einer Aktienanlage setzt sich im Wesentlichen aus Dividenden und Kursgewinne zusammen. Bricht der Kurs ein, nutzt auch die beste Dividende nichts.
Deswegen muss die Aktie nicht nur eine überdurchschnittliche Dividende erwarten lassen, sondern auch fundamental in Ordnung sein. Die Prüfung der Werthaltigkeit eines Unternehmens ist vor allem bei Dividendenaktien unumgänglich.
Anleger und verantwortungsvolle Fondsmanager werden also in erster Linie solche Aktien auswählen, die
- überdurchschnittliche Dividenden erwarten lassen,
- fundamental herausragen (Qualitätsaktien, Value Aktien),
- im Zeitpunkt des Kaufs unterbewertet sind.
Risiken einer Geldanlage in Dividendenaktien
Selbst bei einer Verknüpfung von hohen Dividenden mit besonderer Wertbeständigkeit der Aktie gibt es Risiken. Sie liegen in der Natur dividendenstarker Aktien.
Hohen Dividenden werden meistens von Unternehmen bestimmter Branchen ausgeschüttet. Vornehmlich sind dies Aktiengesellschaften der Finanzbranche (Banken, Versicherungen), Konsumaktien und Mischkonzerne. Unter dividendenstarken Papieren sind zudem zyklische Aktien besonders häufig zu finden.
Wird schwerpunktmäßig auf den Dividendengesichtspunkt abgestellt, kann es deshalb zur Übergewichtung bestimmter Branchen und damit zu Schieflagen im Depot kommen.
Es besteht die Gefahr eines überproportionalen Anteils an zyklischen Aktien mit wenig langfristigem Kurspotenzial aber mit hohem Kursrisiko in Krisenzeiten.
Dividendenjagd: Vorsicht Falle
Die Dividende wird an denjenigen Aktionär ausgeschüttet, der das Papier am Tag der Hauptversammlung im Depot hat. Weder kommt es auf den Tag des Aktienerwerbs an, noch auf den Tag der Dividendenausschüttung.
In Deutschland finden die meisten Hauptversammlungen im Frühjahr statt. Die Dividende wird grundsätzlich einmal jährlich ausgezahlt, in der Regel einige Tage nach der Hauptversammlung.
In anderen Ländern werden Dividendenzahlungen halb- oder vierteljährlich ausgeschüttet wie zum Beispiel in den USA.
Man könnte deshalb auf die Idee kommen, dass Zusatzerträge durch einen Kauf kurz vor der Jahreshauptversammlung und gegebenenfalls einen Verkauf kurz danach erzielt werden können.
Tatsächlich gibt es Broker und Banken, die eine solche Dividendenjagd empfehlen.
Wird dieser Rat massenweise befolgt, führt der Ansturm der Aktionäre vielleicht zu einem gern gesehenen Kurssprung der Aktie vor der Jahreshauptversammlung. Aber Anleger haben von einer solchen Strategie nichts. Das Gegenteil ist der Fall.
Am Tag nach der Hauptversammlung wird die beschlossene Dividende vom Kurs abgezogen.
In der Kurstabelle wird der sogenannte Ex Tag besonders gekennzeichnet mit Ex D oder Ex Div.
Der eingetretene Kursverlust entspricht meistens allerdings nicht genau der Dividendenrendite, weil der erste Tageskurs nach dem Dividendenbeschluss von den allgemeinen Marktbewegungen überlagert wird.
In der Folgezeit, bis zur nächsten Jahreshauptversammlung, wird die neue zu erwartende Dividende schrittweise in den Kurs eingepreist.
Am Tag vor der Hauptversammlung ist also die Dividende praktisch vollkommen im Aktienkurs enthalten.
Kaufen Anleger unmittelbar vor der Hauptversammlung, haben sie also für die Dividende gezahlt, die sie irgendwann nach der Hauptversammlung ausgeschüttet bekommen – ein Nullsummenspiel.
Deshalb müssten Dividendenjäger die Aktien eigentlich unmittelbar nach der Hauptversammlung und nicht kurzfristig davor kaufen. Das Gegenteil der Empfehlung vieler Banken ist also richtig.
Kursindex und Performanceindex
Vergleicht man Kursindices mit Performanceindices, wird der Einfluss von Dividenden und von anderen Ausschüttungen auf die Wertentwicklung einer Aktienanlage deutlich.
Beim Kursindex werden ausschließlich die Kursentwicklungen berücksichtigt. Anders beim Performanceindex.
Hier fließen Erträge in Dividenden, Bonuszahlungen und Bezugsrechte in die Indexberechnung ein.
Der DAX ist der einzige bedeutende Index, der regelmäßig als Performanceindex dargestellt wird.
Alle anderen Indices wie Dow Jones oder S&P 500 sind Kursindices.
Aus Vergleichsgründen wird der DAX allerdings auch als Kursindex berechnet. Der MSCI World wird regelmäßig als Kursindex dargestellt aber auch als Performanceindex mit und ohne Berücksichtigung von Quellensteuern angegeben.
Am 1.6.2015 lag der Eröffnungskurs des Kurs-DAX bei 5.751,5 Punkten, während der Eröffnungskurs des Performance-DAX 11.457 Punkte betrug.
Das Beispiel verdeutlicht die Bedeutung von Ausschüttungen für die Rendite von Aktienanlagen, jedenfalls auf längere Sicht gesehen.
Performance Indices können übrigens niemals auf null fallen, selbst wenn alle im Index enthaltenen Aktien wertlos werden. Es bleibt immer ein Grundstock übrig, der aus den ausgeschütteten Erträgen der Aktien besteht.