Die sogenannte Euro Krise hat zu mancher Unsicherheit bei Anlegern geführt. Immer wieder hört man Empfehlungen, das Ersparte in angeblich stabilere Währungen anzulegen, um bei dem prognostizierten Zusammenbruch des Euro sein Geld zu retten.

Diese Hysterie ist unseres Erachtens fehl am Platz.

Trotz Griechenlandkrise und allen wirtschaftlichen Schwierigkeiten gehört der Euro zusammen mit dem Dollar, dem Schweizer Franken, dem englischen Pfund und den Währungen einiger kleinerer Länder zu den stabilsten Währungen der Welt.

Andere wiederum empfehlen wärmstens Fremdwährungen als spekulative Geldanlage, um von höheren Zinsen oder von Wechselkursentwicklungen zu profitieren.

Wer solchen Ratschlägen folgt und gleich aus welchem Grund in Fremdwährung investiert, ist immer von der Wechselkursentwicklung abhängig.

Der Anleger muss sich mit der Frage auseinandersetzen, was die Devisenkurse in welche Richtung bewegt.

Was sind Wechselkurse?

Mit dem Wechselkurs, auch Devisenkurs genannt, wird der Preis einer Währung in einer anderen Währung ausgedrückt. Man unterscheidet Preisnotierung von Mengennotierung.

Wird eine ausländische Währung in inländischer Währung angegeben, handelt es sich um die in Deutschland gängige Preisnotierung.

Wer eine inländische Währung in einer ausländischen Währung angegeben, dann ist dies eine Mengennotierung.

Der nominale Wechselkurs gibt das Tauschverhältnis einer Währungseinheit im Verhältnis zu einer Währungseinheit an. Wie viel ist eine Währung gegenüber einer anderen Währung wert? Wie viel Euro gibt es für einen Dollar?

Der reale Wechselkurs basiert auf einem repräsentativen Warenkorb.

Wie viel Währungseinheiten einer Währung müssen im Verhältnis zur Anzahl der Währungseinheiten einer anderen Währung aufgewandt werden, um ein und denselben Warenkorb zu bezahlen?

Das Verhältnis der Preise zueinander wird jeweils in einer Währung ausgedrückt. Beispiel: Der Warenkorb kostet in den USA 2.300 $.

Der gleiche Warenkorb ist in Deutschland für 2.000 € zu haben. Der nominale Wechselkurs soll 1,20 $/Euro betragen.

Unter Berücksichtigung dieses Wechselkurses müsste man in den USA 1.916,667 Euro für den Warenkorb ausgeben (2.300/1,20).

Der Warenkorb kostet also in Deutschland 2.000 € und in den USA 1.916,667 €. Der Quotient daraus ergibt den realen Wechselkurs: 2.000/1.916,667 = 1,043478.

Der reale Wechselkurs gibt also den Unterschied in der Kaufkraft an. Betrachtet man, wie sich der reale Wechselkurs über einen bestimmten Zeitraum verändert, kann man anhand der Änderungsraten die Kaufkraftentwicklung eines bestimmten Landes ermitteln.

Wechselkurse ändern sich ständig mit rasender Geschwindigkeit und in teilweise erheblichem Ausmaß.

Eine Währung kann im Verhältnis von bestimmten oder allen Fremdwährungen an Wert gewinnen (Aufwertung) oder an Wert verlieren (Abwertung).

Bei freier Konvertibilität ist das theoretisch unbeschränkt möglich. Ist die Konvertibilität aufgehoben oder eingeschränkt durch Devisenverkehrsbeschränkungen der Regierung eines Landes, gibt es keine unbegrenzte freie Preisbildung.

Ein Beispiel für währungspolitischen Protektionismus bietet China. Die Währung wird künstlich niedrig gehalten, unter anderen um den Export von Waren nicht zu gefährden.

Was beeinflusst Wechselkurse

Sind Währungen konvertibel, entsteht der Devisenkurs durch Angebot und Nachfrage.

Bei beschränkter Konvertibilität bestimmen Maßnahmen einer Regierung weitgehend den Wechselkurs.

Vor allem asiatische Länder, insbesondere China, halten ihre Währungen bewusst durch unterschiedliche Währungsmaßnahmen künstlich schwach oder lassen eine Konvertibilität durch gesetzliche Maßnahmen nur eingeschränkt oder überhaupt nicht zu.

Sind Währungen frei handelbar, stellt sich die Frage, welche Maßnahmen, Daten oder Fakten Marktteilnehmer dazu bewegen, Währungen zu kaufen oder zu verkaufen.

Das Angebots- und Nachfrageverhalten wird keinesfalls allein durch Fakten selbst beeinflusst. Viel wichtiger scheint es zu sein, wie Marktteilnehmer diese Fakten oder Daten subjektiv bewerten, welche Signalwirkungen sie also ausüben.

Diese subjektive Komponente bei der Marktbeurteilung führt zu einem zusätzlichen großen Unsicherheitsfaktor in der Vorhersage von Wechselkursen.

Abgesehen davon ist es an sich schon unmöglich unter Verwertung objektiver Daten über die Finanz- und Wirtschaftsentwicklung Devisenkurse vorauszusagen.

Ebenso wie bei Aktien wird auch bei Devisen immer die Zukunft gehandelt, genauer das, was die Marktteilnehmer für die Zukunft halten.

Einige Faktoren und Daten können unmittelbar zu teilweise heftigen Wechselkursausschlägen führen.

Maßnahmen der Notenbanken

Zinsentscheidungen beeinflussen die Wechselkurse nachhaltig. Werden Leitzinsen erhöht, verteuert sich eine Währung. Im umgekehrten Fall wird sie billiger.

Ebenso können andere Maßnahmen der Geldpolitik wirken, wie gegenwärtig die Anleiheaufkäufe von EZB und FED zeigen.

Glauben Notenbänker, dass eine bestimmte Währung krass fehlbewertet ist, können Stützungskäufe oder Verkäufe in Betracht kommen, um negative volkswirtschaftliche Auswirkungen zu vermeiden.

Manchmal reichen sogar Berichte der Notenbanksitzungen, um Wechselkurse in Bewegung zu bringen.

So werden die monatlichen Berichte der amerikanischen Zentralbank von Fachleuten gründlich analysiert, um herauszufinden, was die Notenbank wohl meinen und wohin die Reise führen könnte.

Harte volkswirtschaftliche Daten

Relevant für Wechselkurse sind Daten, die Einblick in die Stärke oder Schwäche der jeweiligen Volkswirtschaft geben.

Dazu gehören Daten über die Staatsverschuldung und über Haushaltsdefizite. Sind diese Daten schlecht, hat das negative Auswirkungen auf den Wechselkurs.

Ein anhaltendes, stabiles Wirtschaftswachstum, eine gute Arbeitsmarktlage und eine ausgeglichene Handelsbilanz führen zu einer starken Währung.

Gleiches gilt für eine stabile Entwicklung der Kaufkraft bzw. eine angemessene Inflationsentwicklung.

Ökonomische Kennzahlen

In diese Gruppe gehören die meist monatlichen Erhebungen zum Verbrauchervertrauen, zur Industrieproduktion, zur Entwicklung des Dienstleistungssektors, zur Lagerhaltung vor allem bei langfristigen Wirtschaftsgütern, zur Einschätzung der Wirtschaft über die zukünftige Entwicklung (zum Beispiel ZEW Indikator über die Konjunkturerwartungen), Einkaufsmanagerindices und andere.

Teilweise handelt es sich um Frühindikatoren, mit deren Hilfe auf die zukünftige Wirtschaftskraft einer Volkswirtschaft geschlossen wird.

Bewertung von Ratingagenturen

Ratingagenturen bewerten nicht nur die Bonität einzelner Unternehmen, sondern auch die von Staaten. Verschlechtert sich das Rating, müssen für Schulden mehr Zinsen bezahlt werden.

Vor allem deutliche Rückstufungen haben negative Einflüsse auf den Wechselkurs.

Spekulation

Durch Spekulation können Wechselkurse künstlich beeinflusst werden. Große Spekulanten sind sogar in der Lage, regelrechte Währungskrisen zu verursachen.

Die Folgen von Währungskrisen können der Zusammenbruch einer Währung durch Abwertung oder die Aufgabe eines währungspolitisch festgelegten Wechselkurses sein.

Ein Beispiel für eine "gelungene" Währungsspekulation waren die Maßnahmen des amerikanischen Investors George Soros, mit denen dieser im Jahr 1992 gegen den festen Wechselkurs des britischen Pfunds zu Felde zog.

Erkennen Notenbanken einen Angriff gegen die betreffende Währung, versuchen sie geldpolitische Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. Häufig sind diese Maßnahmen allerdings nicht wirklich erfolgreich.

So war es auch im Fall Soros. Trotz aller Versuche konnte die britische Notenbank den festen Wechselkurs gegenüber anderen Währungen nicht halten und musste den Pfundkurs schließlich frei floaten lassen.

Politische Entscheidungen oder Ereignisse

Last but not least wirken sich politische Vorkommnisse auf den Wechselkurs in der einen oder in der anderen Richtung aus.

Willensbekundungen einer Regierung zur Eingrenzung des Haushaltsdefizits und erste Maßnahmen können zum Beispiel eine Währungsaufwertung zur Folge haben.

Schwere politische Krisen, die ein Land oder mehrere Länder treffen, wie beispielsweise die Terroranschläge am 11. September 2001, bewirken sehr oft eine unmittelbare und drastische Abwertung der entsprechenden Währung.

Die Irrationalität von Währungsschwankungen

Kurzfristige Währungskursentwicklungen sind sehr häufig ebenso wenig rational begründet wie bei Aktien oder anderen Wertpapieren.

Häufig werden Wirtschaftsdaten die eine gewisse Signalwirkung entfalten dazu genutzt, Devisenkurse nach oben oder nach unten zu spekulieren, ohne dass diese Daten solche Kurssprünge eigentlich rechtfertigen würden.

Ein Beispiel sind die amerikanischen Arbeitsmarktdaten für September vom 3. Oktober 2014. Die Arbeitslosenquote fiel zum ersten Mal seit Sommer 2008 unter 6 % auf 5,9 %. Außerdem wurden etwas mehr Stellen geschaffen als prognostiziert, nämlich ca. 248.000.

Beide Daten entfalten eine Signalwirkung, die ausreichte, den Dollarkurs gegenüber dem Eurokurs um über ein Prozent steigen zu lassen.

Am 2. Oktober betrug der Kurs noch 1,265. Am 3. Oktober fiel der Euro auf 1,25 und verharrt seitdem (bis jetzt: 5. Oktober 2014) auf einem Wert knapp über 1,25 (alle Kurse in Euro/USD).

Der Hauptgrund für diese rasante Wechselkursentwicklung: Die FED (amerikanische Zentralbank) knüpft ihre lockere Geldpolitik an die Entwicklung des Arbeitsmarkts.

Mit der langsamen Erholung des amerikanischen Arbeitsmarktes hatte die amerikanische Notenbank schon in der Vergangenheit das Volumen der Anleiheaufkäufe reduziert.

Die Spekulation nach den Septemberzahlen ist nun, die gesunkene Arbeitslosenquote würde viele Investoren zur Umschichtung von Euros in amerikanische Dollars bewegen.

Schließlich könnte die amerikanische Zentralbank jetzt dazu neigen, die lockere Geldpolitik eher zurückzunehmen als vor Herausgabe der Arbeitsmarktzahlen geplant. Manche erwarten nun das schnelle Aus der lockeren Geldpolitik.

Doch geben die Arbeitsmarktdaten, die eine solche Signalwirkung erzeugen, bedauerlicherweise kein realistisches Bild der tatsächlichen Situation auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt.

Viele Amerikaner haben die Arbeitsplatzsuche aufgegeben und sind aus dem Arbeitsmarkt ausgeschieden.

Die Erwerbsquote, der Anteil der Erwerbspersonen an der erwerbsfähigen Gesamtbevölkerung, beträgt gerade einmal 62,8 %. Das sind Tiefststände. Zum Vergleich: im Jahr 2013 betrug die Erwerbsquote im Westen Deutschlands 76,4 % und im Osten 79 %.

Die realistische Arbeitslosenquote wird deshalb auch auf 11,8 % geschätzt. Zusätzlich mussten amerikanische Arbeitnehmer in den letzten Jahren hohe Reallohnverluste hinnehmen und eine große Anzahl der neu geschaffenen Stellen der letzten Jahre sind Teilzeitarbeitsplätze.

Angesichts dieser Schwachstellen wird die amerikanische Notenbank sich kaum veranlasst sehen, die Abkehr von der lockeren Geldpolitik besonders beschleunigt vorzunehmen.

Die Septemberzahlen allein werden auf die Entscheidungen der FED kaum einen nennenswerten Einfluss nehmen.

So gesehen gibt es für den plötzlichen Einbruch des Euros gegenüber dem Dollar keine realistische Grundlage.

Kurzfristig spekulierende Privatanleger hätten diese Entwicklung kaum vorhersehen können. Bestenfalls wäre es gelungen, Euros noch vor Herausgabe der Arbeitsmarktdaten aus Vorsichtsgründen abzugeben.